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Fernsehen „Hart aber fair“

Verkehrsminister Ramsauer kennt Schilder nicht

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Verkehrsminister Peter Ramsauer hält 40 Prozent der Autobahnstrecken mit Tempolimit für angemessen
Quelle: WDR/Oliver Ziebe/WDR Presse und Information/Bildk
Bei Jauchs BER-Talk hatte er sich noch gedrückt, für Plasberg nimmt er sich Zeit. Beim Talk über Knöllchen, Maut und Tempolimit leistet sich Verkehrsminister Ramsauer einen peinlichen Patzer.

Für Peter Ramsauer (CSU) war der Auftritt bei „Hart aber fair“ eigentlich ein Heimspiel. Noch einen Tag zuvor hatte es der Bundesverkehrsminister vermieden, sich ins TV-Studio von Günther Jauch zu setzen, um über das Berliner Flughafendebakel zu sprechen.

Am Montag aber, bei Frank Plasberg im Ersten, als es um die klassischen Aufreger für Autofahrer ging, hatte der Verkehrsminister plötzlich Zeit. „Blitzer, Steuern, City-Maut - freie Fahrt nur für reiche Bürger?“, lautete der nicht gerade subtil formulierte Titel der Talkrunde. Für den Minister also eine geeignete Arena. Erst kürzlich hatte er bekräftigt, mit seiner nicht mehr ganz so neuen Forderung nach einer Pkw-Maut Wahlkampf machen zu wollen.

Und so fing auch alles ganz gut für ihn an, immerhin hatte er ausreichend Zeit zu betonen, dass Deutschland mit „die sichersten und besten Autobahnen der ganzen Welt“ habe.

Allerdings: Von einem Tempolimit auf eben diesen Autobahnen hält Ramsauer nichts. Man habe dort bereits auf fast 40 Prozent der Strecken eine Geschwindigkeitsbegrenzung, „und ich halte das für angemessen.“ Der Staat solle nur dort eingreifen, wo es unbedingt nötig sei. Freie Fahrt für freie Bürger also.

Ist Tempo 130 auf der linken Spur okay?

Ganz anders sah das Tübingens Oberbürgermeister, der Grüne Boris Palmer. Innerhalb seiner Partei als Ober-Realo verschrien, forderte er ganz urgrün das Tempolimit. „Ich glaube, dass es die Menschenleben, die wir damit retten würden, wert wären.“

Und überhaupt sei es ärgerlich, mit 130 Stundenkilometern auf der linken Spur einen Lastwagen zu überholen und gleichzeitig vom Hintermann mit der Lichthupe bedrängt zu werden.

Eine Vorlage für Heidi Hetzer. Die 75-Jährige Automechanikerin und Ex-Rallyefahrerin sah sich nämlich zu der Frage veranlasst, was Herr Palmer denn mit 130 auf dem Tacho überhaupt auf der linken Spur zu suchen habe.

Da pflichtete ihr auch Formel-1-Reporter Kai Ebel bei, der anders als bei seinen RTL-Auftritten mit einem dunkelroten Sakko vergleichsweise schlicht gekleidet war. Würden alle den normalen Sicherheitsabstand einhalten, so Porsche-Fahrer Ebel, gehe auch auf der linken Spur rein gar nichts mehr.

Selbst wenn er dieses Mal an der Modefront blass geblieben war, verbindet ihn neben der PS-Liebe offenbar auch der Hang zu Exzentrik mit Frau Hetzer. Demonstrativ hatte sie eine klobige Handtasche in Autoform auf den Tisch gestellt, deren Farbe Ebel sehr zu ihrem Unmut als „Müllabfuhr-Orange“ einschätzte. „Und das meine ich jetzt nicht abwertend.“ Natürlich nicht.

Der Autofahrer wird finanziell zu stark belastet

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Weil sich über Geschmack nicht streiten lässt, übers Autofahren aber schon, wurde auch genau dies getan. Vor allem über ein gefühltes Schröpfen der Autofahrer durch den Staat: Beklagt wurden zu viele Blitzer an unnötigen Orten, zu viele Knöllchen, zu hohe Kfz- und Mineralölsteuern. Zwar betonte Moderator Plasberg, das Wort „Melkkuh“ eigentlich nicht in den Mund nehmen zu wollen, tat es dann aber doch. Hetzers Sicht kurz und bündig: „Es wird geblitzt, um abzukassieren.“

Eine alte Debatte also: Auf der einen Seite steht der Wunsch nach funktionierender Infrastruktur, nach Straßen ohne Schlaglöcher, nach intakten Brücken, Ampeln, Autobahnen. Auf der anderen Seite möge dies aber bitte nicht finanziert werden, indem Otto Normalverbraucher und -fahrer immer weiter zur Kasse gebeten werden.

Die Argumente, die die Plasberg-Runde austauschte, waren dabei weder neu noch erhellend. Interessant wurde zwischendurch lediglich, dass sich Ramsauer und Palmer spontan zu einem schwarz-grünen Argumentationsbündnis zusammentaten und sich gemeinsam rechtfertigten. Es gebe nur so viele Blitzer, weil die Menschen dies für ihre Wohnstraßen fordern würden.

Gleiche Richtung auch in Sachen Maut: Während Palmer eine City-Maut will, die jeder leisten muss, der in die Innenstadt fährt, fordert Ramsauer eine Pkw-Maut für Autobahnen. Die ganze Infrastruktur sei nämlich „fürchterlich unterfinanziert“.

Ramsauer kennt die Verkehrsschilder nicht

Journalist Manuel Andrack, der erst kürzlich im Alter von 46 Jahren seinen Führerschein gemacht hatte, glänzte in der Plasberg-Runde vor allem bei einem kleinen Spiel, bei dem sich wiederum Ramsauer als Verkehrsminister blamierte. Nacheinander wurden drei Verkehrsschilder präsentiert, deren Bedeutung die Gäste nennen mussten. Schild eins: Ein schwarzes Fahrrad auf weißem Grund, darunter ein Pfeil nach links, einer nach rechts. Doch der Verkehrsminister musste passen. Die richtige Lösung kam von Andrack: Fahrräder kommen von beiden Seiten und haben Vorfahrt vor dem Auto.

Ähnliche Szenerie bei Schild zwei, einem Überholverbotsschild mit einigen Zusätzen. Nicht nur Ramsauer blieb ohne Antwort, auch Ebel verzettelte sich. Bei Schild drei, einer eingeschränkten Halteverbotszone mit Ausnahmen, verkündete Plasberg süffisant, Ramsauer diese Frage „zu ersparen“. Der Verkehrsminister schaute zerknirscht.

Ein kleiner Trost für den CSU-Politiker: Auf seine politischen Pläne auswirken wird sich der Fauxpas wohl nicht. Die Pkw-Maut lehnt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ohnehin vehement ab. Eine schwarz-grüne Koalition übrigens auch.

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