Auch am Mekong, einem der größten Flusssysteme der Erde, gärt es. Die "Reiskammer Vietnams" liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel, 30 bis 40 Kilometer reicht die Salzwasserintrusion bereits ins Landesinnere. Die meisten der etwa 20 Millionen Bewohner des Deltas leben vom Reisanbau, und sie haben sich angepasst: Viele bauen nur noch zweimal statt dreimal im Jahr Reis an und züchten in der Salzwassersaison Shrimps auf ihren Feldern. Manche haben komplett auf Garnelen umgestellt – und streiten nun mit den Reisfarmern. Die einen brauchen salziges Wasser für die Shrimps und leiten es über die Felder, die anderen wollen es von ihren Pflanzen fernhalten. Oft sterben den Shrimpsbauern die Tiere weg, für deren Anschaffung sie hohe Kredite aufnehmen mussten. Auf der Suche nach gutem Boden nähern sie sich gefährlich den Mangrovenwäldern, die mit ihren Wurzeln die Küste befestigen. Diese Bäume sind ohnehin durch das Salz bedroht. Verschwinden sie, erodieren die Küstenstreifen, und noch mehr Salzwasser kann das Delta hochwandern.

Bevor der Mekong Vietnam erreicht, fließt er durch China, Laos, Thailand und Kambodscha. Die vietnamesische Regierung befürchtet, dass unter anderem durch die chinesischen Staudämme die regelmäßige Überschwemmung mit Süßwasser im Delta bald ganz ausfällt und es noch mehr versalzt. "In Asien hat das Wasserproblem so große Ausmaße angenommen, dass Konflikte nur eine Frage der Zeit sind", schreibt Jamie Pittock von der Unesco. Und auch Mahmoud Abu Zeid, Präsident des Arabischen Wasserrates, sorgt sich um die Zukunft: "Wasserknappheit gehört ganz oben auf die politische Agenda. Oft kommt ein großer Teil der Wasserversorgung aus Nachbarländern. Das birgt großes Potenzial für Konflikte." Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass bald die Hälfte der Menschheit unter Wassermangel leiden wird. Und die Weltbank warnt, dass in den nächsten 20 Jahren die weltweite Nachfrage nach Frischwasser das Angebot um 40 Prozent überschreiten könnte.

Deutschland hat gegenüber Schwellen- oder Entwicklungsländern einen Vorteil: eine funktionierende, zentral organisierte Wasserversorgung. Hierzulande wacht die Untere Wasserbehörde über die Vorräte. Wer Wasser aus dem Boden pumpen will, muss die Rechte dafür beantragen, in der Regel für 30 Jahre. Jochen Meier arbeitet für die Untere Wasserbehörde in Jever. Gerade hat er einen Antrag einer Papier- und Kartonfabrik aus Varel genehmigt. Der Betrieb benötigte mehr Wasser für die Produktion. "Wir brauchen das Wasser für neue Produktionsverfahren, und wir müssen mit der Konkurrenz mithalten", sagt Kristian Evers, Geschäftsführer des Familienunternehmens, das aus Altpapier Material für Verpackungen herstellt. Die Fabrik ist in der strukturschwachen Region ein wichtiger Arbeitgeber und Steuerzahler. Jochen Meier versteht den wirtschaftlichen Druck. Aber, so sagt er: "Beim Thema Salzwasser hilft auch die Beliebtheit innerhalb der Kommune nichts." Fast zwei Jahre musste die Firma auf die Genehmigung warten.

Das Problem in Varel wurde gelöst. Das ist nicht immer so. In manchem Wasserwerk gibt es Streit, denn viele sind in gewinnorientierte GmbHs umgewandelt worden – und Geschäftsführung und Wasserexperten sind sich oft nicht einig über nachhaltige Fördermengen. "Mit der Wirtschaft kann man nicht gut über Wasserschutz reden", sagt Egon Harms vom Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV). "Die lesen sonst nur Bilanzen, die vertrauen nur harten Zahlen, und die haben wir nicht."

Der OOWV wurde nach dem Krieg gegründet, um die Trinkwasserversorgung zu regeln. Schon damals lebten in der Wesermarsch die Viehzüchter mit dem Salzwasser. Das Flachland hat keine ausreichende Wasserversorgung, das Gebiet ist bis tief ins Landesinnere versalzen. Die Rinder trinken aus Gräben, deren Salzgehalt schon jetzt zu hoch ist. 450 Bauern kämpfen gegen eine weitere Vertiefung der Weser. Sie fürchten um die Gesundheit ihrer Kühe. "Die Tiere saufen sich tot!", empört sich Dierk Dettmers, einer der Bauern, die sich gegen die Vertiefung wehren.

Auch auf den Nordseeinseln sorgt die Wasserfrage für Konflikte. Viele Insulaner leben vom Tourismus. Immer mehr Unterkünfte werden gebaut. Sylt hat während der Hochsaison den Wasserbedarf einer Großstadt. Die meisten Inseln versorgen sich aus einer Süßwasserlinse. Diese schwimmt auf dem Meerwasser, weil Süßwasser wegen seiner geringeren Dichte leichter ist. Wenn zu viel Wasser aus der empfindlichen Linse entnommen wird, dringt Salzwasser ein. Die kleine ostfriesische Insel Baltrum muss heute schon vom Festland aus versorgt werden. Und auch auf Sylt wird es eng. Jemand, der Einblick in die Verhältnisse hat, sagt: "Die Wasserversorger stehen unter Druck der Immobilienwirtschaft. Das ist ein hochexplosives Thema."

In Europa sind die Probleme und die Konflikte beherrschbar, weil sie noch nicht existenzgefährdend sind. Woanders werden Menschen krank und in die Flucht getrieben, gibt es Aufruhr und Verteilungskämpfe. Die Fachleute aus Norddeutschland exportieren ihr Wissen in ärmere Länder, um das zu verhindern. Hydrogeologen von Consulaqua in Hamburg etwa beraten Staaten wie Tansania oder Saudi-Arabien im Kampf gegen die Grundwasserversalzung.

Die weltweiten Swimmer treffen sich im Juni in Norddeutschland wieder – in Husum. Sie werden alle wieder da sein, die dänischen Hydrogeologen, die Ostseeforscher aus Deutschland, die spanischen Umweltwissenschaftler und die Wasserexperten aus Israel. Sie werden weiterberaten: über neue Einzelfälle, über neue wertvolle Daten, über Satellitensensoren zur Kartografierung von Wassersystemen. Und darüber, wie sie konkret helfen können. "Ohne uns Wissenschaftler hätten viele Städte und Regionen schon heute kein Trinkwasser mehr", sagt Johannes Michaelsen. Er und seine Kollegen müssen der salzigen Gefahr immer wieder ein wenig näher kommen, um ihr irgendwann vielleicht voraus zu sein. Weil es sonst wohl niemand tun wird.